Eine
wichtige Erkenntnis aus unseren Erfahrungen mit von sexuell
missbrauchten Mädchen und Jungen ist, dass es keinen spontanen und
zufälligen sexuellen Missbrauch gibt, sondern jede sexuelle Gewalttat
wird akribisch und systematisch vorbereitet!
Alle Kinder sehnen sich nach Zärtlichkeit und Zuwendung, aber kein Kind möchte sexuell missbraucht werden.
Sexuelle
Ausbeutung ist immer ein Gewaltverbrechen, wobei der Täter ein Macht-
und Abhängigkeitsverhältnis zur Befriedigung seiner Bedürfnisse
ausnutzt.
Der Missbraucher schleicht sich in die
Gefühlswelt der Mädchen und Jungen ein, bietet sich als Vertrauensperson
an und manipuliert das Kind in die Opferrolle.
Der überwiegende Teil der Täter ist männlich.* (*80% der Täter sind männlich; ca. 20% sind weiblich).
Ein
Drittel aller Missbrauchsverbrechen findet in der Familie, zwei Drittel
im außerfamilialen Nahraum (Schule, Verein, Krankenhaus, Kirche,
Nachbarschaft usw.) statt.
Die meisten Täter beginnen mit ihren Gewalttaten in jungen Jahren und haben viele Opfer.
Manche
Täter entscheiden sich gezielt für pädagogische oder therapeutische
Berufe, um leichter an Kinder und Jugendliche heran zu kommen.
Mit viel Gespür und Geschick wählen Täter „geeignete Opfer“ aus.
Dies sind bedürftige, verletzliche und wehrlose Mädchen und Jungen, die sie leicht manipulieren können.
Insbesondere zuvor missbrauchte Kinder, die dieses Gewalterlebnis nicht verarbeiten konnten, sind leichte Beute für den Täter.
Viele Täter „interessieren“ sich für sehr junge Kinder, da diese nicht über ihre Gewalterlebnisse reden können.
Ein
wichtiger Bestandteil der Täterstrategie ist das Schweigegebot. Das
schlechte Geheimnis muss ein Geheimnis bleiben. Dazu wendet der Täter
mannigfaltige Erpressungsversuche an, wie beispielsweise:
„Wenn du es deiner Mama erzählst, dann wird die Mama krank!“
„ Wenn du unser „Geheimnis“ deinen Eltern erzählst, dann kommst du ins Heim!“
Die
Täter spekulieren auf die besondere Abhängigkeit des Kindes von seinen
Eltern und die Angst davor, Mama und Papa zu verletzen, zu verlieren
oder von ihnen bestraft zu werden.
Der Täter hat in der Vorlaufphase des Missbrauchs eine Beziehung zu dem Kind aufgebaut und weiß genau, wo es verletzlich ist.
Er droht z.B. „Wenn du etwas sagst, bringe ich dein Kaninchen um!“.
Alle Opfer glauben, dass der Täter seine Drohungen wahrmachen wird.
Außerdem
suggeriert der Täter dem Mädchen/ dem Jungen eine aktive Beteiligung,
wie z.B. „ Du hast dich noch nicht gewehrt.“ „ Dir hat das doch auch
Spaß gemacht.“
Alle Opfer von sexueller Gewalt, ob Mädchen oder Junge, entwickeln in diesem Verstrickungsprozess Schuld- und Schamgefühle.
Aus den Erzählungen betroffener Kinder lässt sich eindeutig ablesen, dass Täter zunächst die „Opfertauglichkeit“ testen.
Kein Täter fängt mit Gewalt an!
Bevor ein Kind missbraucht wird, bekommt es eine besondere Zuwendung (Aktivitäten, Geschenke, Nähe usw.).
Der
nächste Schritt ist die Wahrnehmung der Menschen im kindlichen Nahraum
zu vernebeln, z.B. einen guten Eindruck zu machen, damit niemand ihm das
Verbrechen zutraut.
Nach dem Aufbau der Beziehung
zum Kind findet z.B. im Spiel der erste Übergriff statt, die Hand des
Täters landet im Unterhöschen des Kindes. Protestiert das Kind lauthals,
weigert sich weiter zu spielen oder äußert der Mama das Erlebte zu
erzählen, dann wendet sich der Täter einem anderen Kind zu.
Hat
das Kind jedoch nicht die Kraft zum Widerstand und / oder findet es in
seinem sozialen Nahraum kein Verständnis, wenn es den Mut aufbringt
etwas zu erzählen, dann hört es zumeist: „Stell dich nicht so an, Opa
hat dich doch besonders lieb“.
Sein Opfer ist ihm relativ sicher und die Gewalttaten werden fortgeführt.
Folgende
Themenbereiche des alltäglichen Beziehungsprozesses der Familie
sollten Ihre Erziehungshaltung leiten:
Kinder dürfen selbst bestimmen, wer sie wann und wie anfassen darf – außer in Notfällen! Bezugspersonen können den Kindern ein positives Körpergefühl vermitteln. Sie müssen den Kindern den Rücken stärken, wenn diese sich gegen unerwünschte Berührungen wehren.
statt „Rollenklischee’s“ wie z.B. „Ein Junge weint nicht.“ oder „Mädchen sollen lieb sein.“; „Mädchen schlagen nicht.“
Die eigenen Gefühle senden dem Kind wichtige Signale von gefährlichen Situationen. Bewusstwerden der verschiedenen auch gemischten oder widersprüchlichen Gefühle kann erlernt und geübt werden. Für Mädchen bedeutet dies, auch Wut und Aggressionen zeigen zu dürfen. Jungen sollten Gefühle wie Angst und Hilflosigkeit spüren und zeigen dürfen und dabei trotzdem als Junge akzeptiert werden.
Bei Übergriffen spielen gerade die „komischen“, die verwirrenden Berührungen eine wichtige Rolle. Kinder zweifeln schnell an ihrer Wahrnehmung, dabei müssen sie ihren Gefühlen trauen können und wissen, dass sie diese Berührungen abwehren dürfen, auch wenn die Person z.B. ein Mitglied der Familie ist.
Ob unangenehm oder komisch, Mädchen und Jungen haben das Recht „Nein“ zu sagen, wenn sie berührt werden und ihnen diese Berührungen nicht gefallen – egal warum! Die Gefühle der Kinder sind entscheidend.
Mädchen müssen lernen Grenzen zu setzen und diese zu verteidigen. Jungen müssen lernen, die eigenen Grenzen wahrzunehmen und die der anderen zu akzeptieren.
Es ist wichtig unterscheiden zu können, was gute und schlechte Geheimnisse sind, woran die Kinder sie erkennen können und dass sie über schlechte Geheimnisse sprechen müssen. Das ist kein Petzen.
Kinder haben ein Recht auf Hilfe. Wenn Kinder über Gewalterlebnisse berichten, so sind sie glaubwürdig und sollten ernst genommen werden.
Kinder haben niemals Schuld, auch wenn sie Geschenke angenommen haben oder mitspielen wollten.
Des Weiteren ist es für jedes Kind und jeden Jugendlichen hilfreich und gut, wenn die Eltern sich als verlässliche, vertrauensvolle Berater anbieten, auch wenn Sie, gerade in der Pubertät, abgewiesen werden.
Tabuthemen in der Familie wie z.B. Sexualität führen zu Verunsicherung angesichts der medialen Bilder, Filme und Texte, die etwas anderes präsentieren.
Themen wie „Freundschaft“ – „Respekt“ – „Vertrauen“ – „Grenzen“ sind für unerfahrene Menschen abstrakte Begriffe, die von Eltern, ErzieherInnen und LehrerInnen gefüllt werden müssen, um ein Verständnis dafür zu bekommen und um die eigenen Grenzen z.B. schützen zu können.
Auf Elternabenden, etwa in Schulen und Kindertagesstätten, informiert Freio über sexualisierte Gewalt und Schutzmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche; eine Aufklärung, die ihnen keine Angst macht, die Freude am eigenen Körper und Austausch von Zärtlichkeiten unterstützt.
Kostenlos und zeitnah kommen wir in Ihre Einrichtung und führen dort einen „Eltern-Informations-Abend“ durch.
Folgende Themen werden angesprochen:
Wir beraten auch zu Fragen der Prävention:
Bei Interesse kontaktieren Sie bitte Frau Stamer oder Herrn Meul zu den bekannten Beratungszeiten oder hinterlassen Sie eine Nachricht auf unserem Anrufbeantworter.
Wir setzen uns schnellst möglich mit Ihnen in Verbindung.
Zielgruppe:
Kinder und Jugendliche in den Institutionen oder in freier Organisation.
Ziel Kinder (5-10 Jahre):
Situationen, wie z.B. der Übergang in oder eine andere Schule sind für Kinder immer eine Zeit der Aufregung, Freude, aber auch Angst gepaart mit Unsicherheiten. Im Selbstbehauptungskurs werden die Mädchen und Jungen in ihrer Persönlichkeit und Selbstwahrnehmung gefördert. Die
Wahrnehmungsspiele und - Übungen stärken ihre Sinne und erleichtern ihnen verschiedene Gemütszustände kennen zu lernen. Im weiteren Verlauf des Kurses lernen die Mädchen und Jungen, wie und woran sie kritische Situationen erkennen und was sie in diesen tun können.
Methode:
Themen:
Die Selbstbehauptungskurse werden in Kooperation mit FREIO e.V. von Frau Stamer, "Farbenspiel" durchgeführt.
JUGENDLICHE und sexuelle Gewalt
Drei Komponenten – Präventionsprogramme sind notwendig:
Wo finden sexuelle Übergriffe von Jugendlichen
statt:
Eine besondere Rolle im Gewaltverhalten spielt die „Peergroup“, die durch ihre besondere Gruppendynamik „Machtgefälle und deviantes Verhalten“ befördern kann, z.B. der Gruppendruck in einer Clique, den Zeitpunkt, die Art und Weise oder die Häufigkeit von sexuellen Kontakten maßgeblich bestimmen. Beispiele sind die Anstachelung zu Übergriffen als Männlichkeitsbeweis.
Was bedeutet das für Jugendhilfe,
Verbandsarbeit und Schule?
5
Grundpfeiler der Prävention
Deutliches Signal - Du bist nicht schuld!
Warum brauchen wir Prävention?
Zu den Zahlen: Etwa 13 – 19 % aller Mädchen und 1 -3% aller Jungen in der BRD im Alter von 14- 17 Jahren berichten, bereits mit sexuellen Grenzverletzungen konfrontiert zu sein (BZgA 2015,S.196).
23,9% aller Tatverdächtigen bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung waren laut im Jahr 2016 laut PKS (Polizeiliche Kriminal Statistik) unter 21 Jahre alt.
2023 sind sexuelle Grenzverletzungen durch andere Jugendliche Teilihres Alltags.
Diese Zahlen sind bezogen auf das Hellfeld von sexueller Gewalt, das Dunkelfeld sieht sehr düster aus. Viel zu oft nehmen sie Übergriffe als normal hin, spüren sie nicht mehr oder sehen keine Chance, sich zu wehren. Ein nicht unbeträchtlicher Teil hat bereits erlebt, dass die Gewalterfahrungen bagatellisiert oder ignoriert wurden.
Übergriffige Jugendliche lernen, dass ihr Verhalten ignoriert oder akzeptiert, jedoch nicht sanktioniert wird und kennen kaum Alternativen der Konfliktlösung oder Kontaktaufnahme.
Gesellschaftlich neigen wir dazu, „sexuelle Übergriffe unter Jugendlichen“ als „sexuelle Neugier“ oder „ungeschickte Annäherungsversuche“ zu bagatellisieren.
Viele Fachkräfte interpretieren „sexuelle Grenzverletzungen“ als kindliche „Doktorspiele“ oder „jugendliches Experimentierverhalten“.
Eine „Scheu“ (Ängste, als prüde oder spießig, sexualfeindlich stigmatisiert zu werden) sexuelle Grenzverletzungen als solche wahrzunehmen, ernst zu nehmen oder zu benennen, verhindert die Sanktionierung der Taten und nimmt Opfern die Chance auf Hilfe.
DEFINITION- SEXUELLE ÜBERGRIFFE
Alle sexuellen Handlungen, die gegen den Willen des Opfers oder ohne seine Zustimmung ausgeübt werden, ist sexuelle Gewalt. Sexuelle Gewalt setzt ein Machtgefälle voraus, das durch Abhängigkeit und unterschiedlichen Entwicklungsstand, auch durch physische, psychische oder kognitive Überlegenheit, entstehen kann.
Strategien des gewalttätigen Verhaltens reichen von verbaler Gewalt über Ausnutzung von Widerstandsunfähigkeit bis hin zur Vergewaltigung.
Grenzverletzendes Verhalten zeigen meistens Jungen, Übergriffe von Mädchen sind in Studien auch belegt. Betroffen durch Übergriffe von anderen Jugendlichen sind Mädchen und Jungen.
WAS tun diese jugendlichen TäterInnen?
Sie tun all das, was erwachsene TäterInnen auch tun- das reicht von sexistischen Sprüchen bis zu strafrechtlich relevanten Formen sexueller Gewalt.
WELCHE Entstehungsbedingungen und Risikofaktoren sind bekannt?
Sowohl auf Seiten der TäterInnen als auch auf Seiten der Betroffenen haben verschiedene Faktoren Einfluss auf die Entstehung sexueller Gewalt.
Besonders vulnerable Kinder und Jugendliche haben ein erhöhtes Risiko, Opfer sexueller Gewalt zu werden. Diese Verletzlichkeit kann aus einer Behinderung oder aus Armut, auch aus dem Aufwachsen in einem restriktiv-autoritären, an traditionellen Erziehungsvorstellungen orientierten Klima resultieren.
Auch sozial-emotionale Defizite (Gefühl ungeliebt zu sein, geringes Selbstwertgefühl oder Gewalterfahrungen in der Familie erhöhen die Wahrscheinlichkeit Opfer sexueller Gewalt zu werden) (vgl. Heiliger 2002,S.658).
Bei der Entstehung übergriffigen Verhaltens spielen biografische Faktoren eine wichtige Rolle:
Entscheidenden Einfluss hat ein Geschlechterbild, das eine dominante Männlichkeit betont, Frauen und Männer abwertet, die von diesem Bild abweichen. Sexuelle Übergriffe werden als Zeichen erreichter Dominanz und als Männlichkeitsbeweis gewertet.
Auch durch die Medien werden Bilder von stets verfügbaren Frauen vermittelt, so dass der Übergang zum Übergriff bzw. zur Straftat fließend verläuft und häufig kein Unrechtsbewusstsein entsteht.
Männliche Sozialisation kann auf diese Art dazu beitragen, dass das Gefühl von Macht und Dominanz automatisch zu sexueller Erregung und dem Wunsch nach Befriedigung führt.
Infos folgen in Kürze
Im Rhein-Erft-Kreis können bei sexueller Gewalt folgende Fachambulanzen aufgesucht werden: