Bereits im ersten Lebensjahr erkunden Säuglinge ihren eigenen Körper. Zunächst sind Haut und Ohren die wichtigsten Organe. Die Babys entdecken ihre Geschlechtsorgane und berühren ihre Vagina (Scheide) oder ihren Penis.
In den ersten Lebensjahren werden die kindlichen sexuellen Handlungen nicht bewusst als „sexuell“ im erwachsenen Sinn wahrgenommen, sondern es steht das Bedürfnis nach Geborgenheit, Zärtlichkeit und sinnlicher Nähe, die Freude und Lust am eigenen Körper im Vordergrund. Das Kind lernt seine erogenen Zonen kennen und sich durch eigenes Berühren lustvolle, sinnliche Momente und befriedigende Entspannung zu verschaffen. Sie lieben es zu kuscheln, zu kraulen und zu schmusen.
So nehmen die sexuellen Aktivitäten im zweiten Lebensjahr zu. Mädchen und Jungen genießen es nackt zu sein und finden heraus, dass sie durch Reiben und Anfassen ihrer Geschlechtsorgane sich schöne Gefühle machen können. Einige Kinder erleben bereits als Zwei- bis Dreijährige einen selbstbestimmten Orgasmus.
Im weiteren Verlauf ihres Lebens beginnen die Kinder andere in ihre sexuellen Handlungen einzubeziehen. Viele Kinder zwischen 2 und 3 Jahren untersuchen und zeigen sich die eigenen Geschlechtsorgane und sind an denen anderer Kinder interessiert. In dieser Zeit imitieren sie nicht selten auf eine kindliche Art und Weise den Geschlechtsverkehr, den sie z.B. bei den Eltern beobachtet haben. Sie erleben sich als Mädchen und Jungen, haben Begriffe für die Geschlechtsorgane und entdecken ihre Unterscheidungsmerkmale.
Ab dem 4. Lebensjahr wächst das Interesse von Mädchen und Jungen an den Unterschieden zwischen Frau und Mann, an Zeugung und Geburt. Sie stellen neugierige Fragen und ihr Wissensdrang ist schier unerschöpflich.
Die meisten Kinder zwischen 3 – 6 Jahren spielen Doktorspiele – im Grundschulalter wird es zunehmend weniger.
Die meisten Kinder zwischen 3 – 6 Jahren spielen „Doktorspiele“! Sie gehören zur normalen Entwicklung von Mädchen und Jungen im Vor- und Grundschulalter.
Sie fördern:
Ob Kinder im Doktorspiel ihre Grenzen wahrnehmen und setzen und ob sie die Grenzen anderer achten können, hängt wesentlich von der Erziehungshaltung und den Reaktionen der Erwachsenen auf Doktorspiele ab. Wichtig ist, dass Erwachsene nicht die kindliche Sexualität (s.o.) mit Erwachsenensexualität gleichsetzen, was leider immer wieder vorkommt. Das erklärt zumindest auch zum Teil die heftigen Reaktionen der ErzieherInnen und Eltern, wenn eine Grenzverletzung im Genitalbereich stattfindet.
Häufige Reaktionen Erwachsener:
Regeln für bzw. Definition von Doktorspiele:
Grenzverletzungen sind alle Verhaltensweisen gegenüber Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die deren persönlichen Grenzen im Kontext eines Versorgungs-, Ausbildungs- oder Betreuungsverhältnisses überschreiten. Sie verletzen die Grenzen zwischen den Generationen, den Geschlechtern und/oder einzelnen Personen. Verübt werden Grenzverletzungen sowohl von erwachsenen Frauen, Männern und Jugendlichen, die mit Betreuungs- oder Versorgungsaufgaben beauftragt wurden (zum Beispiel auch Hausmeister oder Begleitungen auf Klassenfahrten), als auch von gleichaltrigen oder älteren Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
Es kann unterschieden werden zwischen körperlichen und psychischen Grenzverletzungen:
Im Sinne eines fachlich fundierten Umgangs mit grenzverletzendem Verhalten im pädagogischen Alltag mit Mädchen und Jungen, jungen Frauen und Männern empfiehlt sich eine Differenzierung zwischen:
Sexuelle Übergriffe im Rahmen von Doktorspielen sind sexuelle Handlungen eines Mädchens oder Jungen, die wiederholt, massiv und / oder gezielt die persönlichen Grenzen eines anderen Kindes missachten.
So handelt es sich zum Beispiel um sexuelle Übergriffe, wenn ein Mädchen oder Junge wiederholt gezielt andere Kinder
Nicht alle Verletzungen die Kinder im Rahmen von Doktorspielen einander zufügen, entstehen aus einem gezielt sexuell übergriffigen Verhalten. Einige resultieren aus kindlicher Naivität. Mädchen und Jungen im Vor- und Grundschulalter erforschen häufig mit großer Neugier ihren eigenen Körper und versuchen zum Beispiel, sich selbst oder anderen Kindern Gegenstände in den Po oder in die Vagina (Scheide) zu stecken. Wenn es dabei zu Verletzungen kommt, ist dies kein Grund zu allzu großer Besorgnis.
Meist gehen die Kinder anschließend sehr vorsichtig miteinander um und fügen sich keine weiteren Verletzungen zu. Treten jedoch wiederholt Verletzungen auf und missachten Mädchen und Jungen die Ermahnungen der Erwachsenen, anderen Kindern keine Gegenstände einzuführen, so ist dieses Verhalten zweifellos als sexuell übergriffig zu bewerten.
Juristische Definition:
Jede sexuelle Handlung die an oder vor einem Kind, von einem Menschen ab 14 Jahren begangen wird, ist sexueller Missbrauch.
Darüber hinaus weitere Definitionskriterien:
Sexuelle Gewalt ist Machtmissbrauch und die Sexualität ist das Mittel, mit der die Macht von dem/der Täter/in demonstriert wird. Die Übergriffe werden bewusst, oft von langer Hand geplant und vorbereitet. Sexuelle Gewalt ist selten ein einmaliges Ereignis, sie dauert oft über Jahre an. Es handelt sich um sexuelle Handlungen unter „erwachsenen“ Menschen, die ohne Einwilligung bzw. Einwilligungsfähigkeit des gegenüber begangen werden.
Formen sexueller Gewalt sind:
Inhalt folgt in Kürze
*Diese so gekennzeichneten Texte enthalten Auszüge aus „Wir können was, was ihr nicht könnt! von Ursula Enders, Yücel Kossatz, Martin Kelkel, Bernd Eberhardt